Zum Haushalt 2017

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Häusler,

sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Seifried,

sehr geehrte Damen und Herren,
erfreulich war beim diesjährigen Neujahrsempfang, dass unser Oberbürgermeister den Oberbürgermeister der Stadt Konstanz, Uli Burchardt, begrüßen konnte. Das war wohl das erste Mal in unserer Stadtgeschichte, dass ein Stadtoberhaupt aus Konstanz an unserem Neujahrsempfang teilgenommen hat. Das ist ein gutes Zeichen für die künftige Zusammenarbeit beider Städte. Man merkt, dass hier zwei Menschen aufeinander treffen, die sich verstehen. Ein positives Signal, ein Signal mit Synergieeffekten, dass auch für die weitere Entwicklung unserer Stadt wichtig ist.

Das hat unsern Fraktionskollegen Prof. Dr. Rühland sogleich veranlasst, Herrn Oberbürgermeister Burchardt schriftlich für dieses wichtige Zeichen der „emotionalen Einstellung zueinander“ zu danken, denn die Vorteile für beide Städte sind groß, wenn man kooperiert statt konkurriert. Das kommt auch den vielfältigen Aufgaben im Kreistag zugute, im fairen Dialog auf Augenhöhe. Dieses positive politische Klima brauchen wir, denn leistungsstarke Kreisstädte stärken unsern Landkreis.
 
Die Voraussetzungen für ein Oberzentrum sind unseres Erachtens bereits jetzt schon gegeben. Dr. Gerd Springe hat das in seiner Begrüßungsrede, in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender von Singen aktiv Standortmarketing e.V., im Rahmen der Abendgesellschafts-Veranstaltung in der Stadthalle sehr eindrucksvoll dargestellt.

Auch die aufschlussreiche Video-Präsentation über unser Singen, die unser Oberbürgermeister vor seiner Neujahrsansprache in der Stadthalle zeigte, unterstreicht die Stärken und die Zentralität unserer vitalen Stadt, unseres attraktiven Wirtschaftsstandortes, unserer vielfältigen, bunten Gesellschaft, die von vielen Persönlichkeiten geprägt ist. Es ist beeindruckend, wie zukunftsfähig und innovativ sich Singen über Jahre aufgestellt hat, was zugleich auch ein Gewinn für den gesamten Hegau darstellt.

Fazit ist: In Singen kann man gut leben, gut aufwachsen, gut lernen, gut arbeiten und gut alt werden.    

Die Weiterentwicklung unserer Stadt muss verantwortlich mit Augenmaß und am  Bedarf orientiert fortgeschrieben werden. Ich nenne hier beispielhaft die Ansiedlung von ECE, sie ist ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft.

Dieser politische Ausblick ist allerdings auch nicht losgelöst von der Beschlussfassung des heute zu beschließenden Haushalts zu sehen, weil damit sehr weitreichende finanzielle Folgerungen verbunden sind, die im Haushalt  im Ansatz ihre Berücksichtigung finden.

Der Entwurf des Haushaltsplans für das laufende Jahr ist in allen zuständigen Ausschüssen einvernehmlich beraten worden und liegt heute dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vor. Vergangenen Dienstag berichtete uns OB Häusler im Verwaltungs- und Finanzausschuss, dass er vor der Sitzung mit unserer Stadtkämmerin, Frau Heike Bender, beim Regierungspräsidium mit dem  Haushaltsentwurf war, um die Genehmigungsfähigkeit auszuloten. Das RP Freiburg sieht den Haushalt ohne Auflagen als genehmigungsfähig  an.

Mit dieser Aussage könnten wir uns zufrieden zurücklehnen, doch wir wissen, dass wir vielfältig in politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Abhängigkeiten gefangen sind und diese Abhängigkeiten betreffen nicht nur Singen, sondern spielen landes-, bundes-, europa- und weltweit eine Rolle:

 

  * Es sind fast 100 Kriegsherde, insbesondere der Syrien-Krieg,

  * der Ölpreis, der auch als Kriegsmittel eingesetzt wird,

  * die wirtschaftliche Entwicklung Chinas, das vor einer Kreditblase steht

  und Brasilien, das in vielen Korruptionsaffären verstrickt ist, und vor  

  allem auch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Hoffnungslosigkeit

  in sehr vielen Ländern Afrikas, wo Millionen von Menschen eine Flucht

  nach Europa und Deutschland in Erwägung ziehen.

  * Fast alle Notenbanken setzen auf die Niedrig-Zinsen oder gar auf eine

  Minuszinsen-Politik, worunter die Volkswirtschaften leiden.

 

  * Aber auch bei uns in Europa sind die Verhältnisse in einigen Ländern

  nicht stabil, wenn wir an Griechenland, Italien, Portugal, Spanien und

  an Frankreich denken.

 

  * Und was durch den Brexit, den Präsidentenwechsel in USA auf uns

  zukommt und welche Auswirkungen die bevorstehende

  Bundestagswahl mit sich bringt, können wir nicht einmal erahnen. 

  Unsere Verhältnisse in Deutschland sind zwar stabil, doch wie sich die

  weltweiten politischen Verhältnisse auf unser Land auswirken, kann

  keiner sagen.

 

All diese aktuellen Abhängigkeiten und Bedingungen in der Welt schlagen durch bis nach Singen, zwar nicht 1:1, vielleicht nicht unmittelbar, doch mit zeitlicher Verzögerung.

Dazu trägt auch die weltweite Ungerechtigkeit bei. Während wir hier sitzen und den Haushalt beraten, nimmt der Prozess der sozialen Schieflage weiter zu.

Doch das beherrschende Thema ist und bleibt die Flüchtlingspolitik, die uns in einem bisher unbekannten und nicht vorstellbaren Ausmaß beschäftigt. Die vielen ehrenamtlichen Helfer, die unsere Sprache und Kultur vermitteln, einschließlich die Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der Kirchen, der Verbände und Vereine sowie die vielen Bürgerinnen und Bürger, die hilfsbereit und beispielhaft den Aufenthalt der Asylanten begleiten, wissen davon zu berichten.

Auffallend ist, dass das Thema der Verteilung von Flüchtlingen auf die einzelnen Bundesländer völlig aus dem Fokus verschwunden ist. Wir erinnern uns, dass es dabei im vergangenen Jahr innerhalb Deutschlands erheblich ungerechte Zuweisungen gab.

Doch nun zum Ergebnishaushalt der Stadt Singen: Das  Gesamtvolumen umfasst insgesamt 133 Mio Euro.

Die Einnahmen in 2017 sind gut. Es sind die Grundsteuer mit 7,8 Mio, die Gewerbesteuer mit 46 Mio, der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer von 19,9 Mio und die Schlüsselzuweisungen mit 14,7 Mio. Diese gute Einnahmesituation, insbesondere die Höhe der Gewerbesteuer haben wir unseren Singener Firmen und Großbetrieben zu verdanken. Aufgrund dieser Tatsache sahen wir keine Notwendigkeit  Steuersätze anzuheben und haben uns deutlich gegen Steuererhöhungen ausgesprochen.

Im Gegenzug muss gerade für diese Unternehmen der Breitbandausbau forciert werden. Vielen Unternehmen dauert das immer noch zu lange.

Durch die guten Einnahmen ist finanzieller Spielraum für geplante Investitionsmaßnahmen von insgesamt 21,9 Mio gegeben. Deshalb tragen wir  die Maßnahmen mit, wie zum Beispiel die Entscheidung zur
Erweiterung der Beethoven-Schule, den Anbau der Mensa an der Wessenbergschule, die noch notwendigen Baukosten für die Mehrzweckhalle Beuren und die Maßnahme für den Südstern-Rasenplatz und die vorgesehenen Straßenbaumaßnahmen, einschließlich der Neugestaltung des Bahnhofsvorplatz und der Tiefgarage bei der Herz-Jesu-Kirche mit den verbundenen Umbaumaßnahmen.

Auf der Ausgabenseite  stehen die Personalkosten in Höhe von 35,7 Mio, die gestern beschlossene Kreisumlage von 20,4 Mio, die Abschreibungen von 7,5 Mio und die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen von 22,9 Mio, darunter fallen beispielsweise die Energiekosten, wie Strom, Gas, Wasser Heizöl und Treibstoffe. Der Unterhalt von Fahrzeugen, Erwerb von geringen Vermögensgegenständen sowie Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter.

Den Wohnungsbau gilt es nach wie vor im Auge zu behalten. Nach dem GVV-Desaster gilt es weiterhin verlässliche Partner zu finden, damit neues Wohnen in Miete und im Eigenheim möglich wird.

Ca. 500 Wohnungen entstehen auf dem Kunsthallen- und Scheffelareal, auf dem Areal des ehemaligen Michael-Herler-Heims sowie in der Romeia- und Max-Porzig-, in der Burg-und Grenzstraße und am Herz-Jesu-Platz.

Die Palette der Wünsche ist groß. Trotz guter Steuereinnahmen müssen wir Prioritäten setzen und Investitionen der Daseinsvorsorge wie die unbestritten notwendige Dreiteilige Sporthalle sowie das Projekt Hallenbad nicht weiter hinausschieben. Für die Umsetzung brauchen wir  ein entsprechendes Rücklagenpolster. Das bedeutet auch, dass wir uns kritischer mit der Ausgabenseite beschäftigen müssen.

Am Beispiel Trägerzuschusses für die Volkshochschule zeigte sich in der zuständigen Ausschusssitzung, das angesichts der hohen Erträge von Integrationskursen und auskömmlichen jährlichen Zuschüssen der Trägergemeinden die VHS trotzdem finanziell  nicht zurecht kommt. Es kann nicht sein, dass das erwirtschaftete Defizit noch zusätzlich von den Trägergemeinden finanziert werden soll. Der OB sprach sogar von „einem Fass ohne Boden“. Hier ist  eine sparsame Haushaltsführung von der Geschäftsführung eingefordert. 

Mit diesem Wunsch an die VHS und dem Dank an die Verwaltung und dem Dank an alle Gemeinderatsmitglieder für die konstruktiv geführten Haushaltsberatungen, insbesondere Herrn Oberbürgermeister Häusler, Frau Bürgermeisterin Seifried und unserer Kämmerin Frau Bender mit ihrem bewährten Team, die das Gesamtwerk an Informationen und Erläuterungen erstellt haben

stimmt die Neue Linie dem Haushalt 2017 zu.

Marion Czajor

Fraktionsvorsitzende